Anhalten in unserer schnellen Welt

 
Hallo Zusammen, 
 
wir haben mal wieder einen Blogeintrag für euch. 
 
Im Sommer hielt unser Großmeister Adelino Rondalli mit der Unterstützung von Jörg Roth einen Tai Chi und Qi Gong Kurs im Japanischen Garten Kaiserslautern. 
 
Im Rahmen dieses Kurses wurden die beiden Leiter des Kurses von der Rheinpfalz Kaiserslautern (Tageszeitung) zum Thema Tai Chi und Qi Gong ausgefragt. Das Interview leitete Frau Friederike Jung, es wurde am 19.07.2017 abgedruckt und nun für uns freigegeben. 
 
Wir wünschen euch viel Freude mit dem Interview:
 
„ANHALTEN IN UNSERER SCHNELLEN WELT“
 

jeden Mittwoch Morgen trafen wir uns um 9 Uhr in diesem wundervollen Ambiente

 
Der Japanische Garten in Kaiserslautern ist die ideale Kulisse, eine Reise in die Welt der fernöstlicher Übungen zu unternehmen. 13 Frauen haben sie angetreten, um sich in einem sechswöchigen Kurs mit Qi Gong, Tai Chi Chuan und Meditation vertraut zu machen.  Ihre Lehrer sind Großmeister Adelino Rondali und Übungsleiter Jörg Roth, die beide an der Tai Chi Akademie Kaiserslautern unterrichten. In einem Interview geben sie Einblick in die chinesischen Meditations- und Bewegungsformen.
 
 
Was darf man unter Qi Gong und Tai Chi Chuan verstehen?
 
Adelino Rondalli: Qi Gong bedeutet Arbeit für oder mit der Energie. Sie stammt aus der alten Tradition des TCM. Das gilt auch für Tai Chi Chuan. Der Name Tai Chi Chuan bedeutet, das höchste Prinzip der Faust.
 
Jörg Roth: Das Qi Gong, welches mein Trainingsschwerpunkt ist, teilt sich in bewegte und unbewegte Übungen. Bei diesem Training wird mit der Vorstellungskraft und speziellen Atemtechniken gearbeitet. Der Atem ist in der chinesischen Philosophie gleichgesetzt mit der  Energie. Schon einfachste Übungen gehen vom Atem aus. Erfahrene Praktizierende benutzen beim Üben die umgekehrte Bauchatmung. Bei dieser Technik erlangt man die Fähigkeit sehr tief ins Becken zu atmen . Tai Chi Chuan und Qi Gong sind beides Kampfkunstarten. Der Unterschied zwischen Kampfkunst und Kampfsport liegt darin, dass es bei Kampfkünsten nicht um sportlichen Wettbewerb, sondern um die persönliche Entwicklung und das Perfektionieren der Übungen geht.
 
 
Was ist für Qi Gong charakteristisch?
 
Jörg Roth: Die Arbeit mit der Lebensenergie. Das Prinzip beruht darauf, dass jeder Mensch bei seiner Geburt eine bestimmte Menge an Grundenergie mitbekommt, die sich im Laufe des Lebens verbraucht. Um diesen Verbrauch zu verlangsamen, nehmen wir mit Qi Gong nutzbare Energie aus der Umgebung auf. Auf diese Weise schützen wir die Grundenergie.
 
 
Gibt es eine Verbindung zu Tai Chi Chuan?
 
Jörg Roth: Kung Fu,  Tai Chi Chuan und Qi Gong sind Grundpfeiler einer Lehre und lassen sich nicht voneinander trennen. Die Bewegungen sind oft ähnlich, unterscheiden sich aber in der Dynamik, mit der sie ausgeführt werden und darin, worauf das Augenmerk gelegt wird.
 
 
Was unterscheidet die beiden Kampfkunstarten von Meditation, die Sie ja auch im Kurs unterrichten?
 
Adelino Rondalli: Die Meditation geht mehr in den spirituellen Bereich und setzt dadurch noch mal einen anderen Akzent – wobei auch hier die Grenzen zu Tai Chi und Qi Gong fließend sind. Ziel ist es, die Gedanken zu beruhigen und den Kopf still werden zu lassen. Bei Qi Gong und Tai Chi Chuan finden dagegen bewusste Bewegungsformen statt, bei denen die Abfolge vorgegeben ist. Die Meditation ist etwas individuelles.
 
Jörg Roth: Meditation bedeutet für mich ein Anhalten unserer schnellen Welt. Ich trete dabei in einen inneren Dialog mit mir selbst, ohne jedoch die Gedanken zu kontrollieren. Ich lasse sie frei fließen. Gedanken sollen wie Wolken sein. Sie kommen und gehen. Die Stille finde ich zwischen den Gedankensträngen. Sie ist wie der blaue Himmel neben den Wolken, den ich bewusst wahrnehmen kann. Irgendwann verlor ich beim Üben das Interesse an den Wolken und erlebe somit Freiheit und Stille.
 
 
Erzählen Sie etwas zum Ablauf des Kurses. Was genau passiert beim Training?
 
Jörg Roth: An dem Kurs nehmen 13 Frauen teil. Das ist eine Größe, mit der es sich gut arbeiten lässt. Wir treffen uns um 8.30 Uhr im Zen-Garten und nehmen uns erst einmal Zeit, um anzukommen und den Alltag draußen zu lassen. Dazu gehört z.B. das Vorlesen einer kurzen Geschichte. Meist geht es um Lebenssituationen, die jeder kennt.
 
Adelino Rondalli: Im Anschluss folgt das eigentliche Training.  Wir leiten die Teilnehmerinnen an, korrigieren ihre Haltung und fragen, was sie bei den einzelnen Übungen spüren. Denn nur darauf kommt es an. Unser Ziel ist es, die Grundsysteme der Meditation und der beiden Kampfkünste Tai Chi Chuan und Qi Gong erlebbar und nutzbar zu machen.
 
 
Welche Effekte haben die Übungen auf das Wohlbefinden?
 
Adelino Rondalli: Alle drei Übungsformen sind traditionelle Systeme, die den Körper und den Geist ganzheitlich stärken. Sie bringen ihn in Balance und unterstützen die Selbstheilungskräfte. Außerdem geben sie mehr Selbstsicherheit und helfen, neue Energien schöpfen.
 
Jörg Roth: Menschen, die sich mit diesen Lehren auseinandersetzen, werden achtsamer, sich selbst und ihrer Umwelt gegenüber. Sie erkennen, dass sie sich zuerst um sich selbst kümmern müssen, um anderen nützlich zu sein.
 

der japanische Garten Kaiserslautern ermöglichte uns sogar eine Morgenmeditation im Teehaus des Parks.

 
Sind die Wirkungen wissenschaftlich nachgewiesen?
 
Adelino Rondalli: Bildgebende Verfahren haben gezeigt, dass tägliches meditieren die Gehirnströme verändert. Es werden Areale angesprochen, die sonst nicht genutzt werden. Außerdem wirken sich alle drei Übungsformen positiv auf die körperliche und geistige Balance aus. Das Training stärkt die kleine Muskulatur, die wichtig für die korrekte Ausrichtung des Skeletts ist. Davon profitieren auch ältere Leute, bei denen sich nachweislich das Sturzrisiko verringert.
 
Jörg Roth: Wenn der Körper in Balance ist, kommt auch der Geist in Balance. Sowie auch umgekehrt.
 
 
Wie haben die Frauen reagiert, die zum ersten Mal damit in Berührung gekommen sind?
 
Jörg Roth: Für alle war es neu. Sie waren durch die Bank gespannt, was passiert. Durch diese Neugierde fällt es ihnen relativ leicht, sich auf die Übungen einzulassen und darüber zu reden, was sie dabei spüren. Dies ist auch für die Lehrer sehr interessant, da ihnen jeder Schüler neue Aspekte aufzeigt. Jeder Mensch ist eben anders.
 
 
Welche Fehler können Anfänger machen?
 
Adelino Rondalli: Anders als in der Schule können und sollen sie alle Fehler machen. Nur wenn sie den Mut zum Unperfekten haben, offen sagen, wie es ihnen bei den Übungen geht und auf den Lehrer vertrauen, kann dieser ihnen weiterhelfen. Nur so kommen sie voran.
 
 
Wirkt sich die Umgebung des Japanischen Gartens auf den Kurs aus?
 
Adelino Rondalli: Ja, er gibt den Menschen die Möglichkeit, den leicht magischen Ort mit den Grundprinzipien der drei Übungsformen zu verbinden. Auch wenn der Garten nur Kulisse ist, unterstützt er die Stimmung, die sich einstellen soll.
 
Jörg Roth: Die Übungen im Zen-Garten, welcher in seinem Aufbau Inseln im Meer darstellt, werden zu etwas Besonderen. Sie bilden ein ganzheitliches Erlebnis von Achtsamkeit.
 
 
Wann sind Sie selbst zu Qi Gong und Tai Chi Chuan gekommen?
 
Adelino Rondalli: Ich selbst bin mit 14 Jahren auf Empfehlung eines Arztes zu Tai Chi gekommen. Anfangs habe ich versucht, die Kampfkunst mit Hilfe eines Buchs zu erlernen. Dieses Vorhaben scheiterte kläglich. Schließlich habe ich jemanden kennengelernt, der mir meinen ersten Einblick ermöglichte. Ich hatte weitere Lehrer, die meinen Weg festigten. An einer Schule in Bern erhielt ich meine ersten Graduierungen.
 
Jörg Roth: Ich war Ende 20 und hatte Herzprobleme, als ich einen Gutschein für Tai Chi geschenkt bekam. Dieser hat mich zur Tai Chi Akademie und Herrn Rondalli geführt. Unter seiner Leitung lerne ich seither die Kämpfkünste Chinas. Nach zwei Jahren Training konnte ich sogar die Medikamente absetzen. Innerhalb der letzten 10 Jahre erlernte ich nicht nur in Kaiserslautern Kung Fu, Tai Chi und Chi Gong, sondern auch im einzigen Shaolin Tempel Deutschlands in Berlin und direkt in China. Dort besuchte ich immer wieder den Shaolin Muttertempel in Henan und wurde Ordensmitglied. Eine weitere Chinareise führte mich in die daoistischen Wu Dang Berge, wo ich Einblick in das Kung Fu und Qi Gong der dortigen Priester erhalten konnte. Mein hauptsächlicher Lehrer ist jedoch Adelino.
 
 
Und wie wird man Großmeister?
 
Adelino Rondalli: Man muss mindestens den 5. Meistergrad erreichen und eigene Schüler zu Meistern ausgebildet haben. Außerdem benötigt man eine Lehrer- und Prüferlaubnis der eigenen Meister. Es ist ein langer Weg aber ich bin sehr froh, ihn erleben zu dürfen.
 

Ankommen und Ruhe finden. Der Zengarten war ein weiterer Trainingsort unserer Gruppe

 
Das Interview wurde durchgeführt und für uns freigegeben von Frau Friederike Jung. 
Wir bedanken uns recht herzlich für die Erlaubnis es online stellen zu dürfen. 
Des Weiteren Bedanken wir uns bei Petra Rosenzweig und dem japanischen Garten Kaiserslautern e.V. 
 
Damit sind wir am Ende unseres heutigen Eintrags angelangt. 
Habt ihr neue Anregungen gefunden oder Fragen an uns? Dann hinterlasst uns gerne einen Kommentar.
 
Bis zum nächsten Mal. 
 
 
Alles Gute, 
Euer Team der Tai Chi Akademie Kaiserslautern
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