Chan buddhistischer Workshop im Shaolin Tempel Deutschland
Tagebuch vom Samstag den 29.03.2014, von Kay Wicke
Der Samstag in Berlin fing für einige von uns anders an als für andere. Nachdem Jörg nach mehreren Anläufen seine Tai Chi Chen Form endlich fertig lernen wollte, musste er schon um neun Uhr im Tempel sein. Wir Anderen hatten noch bis zehn Uhr Zeit, um uns dann am Tempel mit ihm zu treffen. Für die Morgenzeremonie um elf wollten wir gemeinsam Kuchen besorgen. Im Januar hatten wir eine sehr gute Konditorei gefunden, die nur 5 Minuten zu Fuß entfernt liegt.
Da viele Teilnehmer des Seminars schon da waren, einige von ihnen im Sangha, war die Zeremonie mit einer enormen Anzahl in braune Roben gehüllte Menschen gefüllt, was ein großartiges Bild abgab. Nach der Zeremonie teilten sich die Interessen der Leute im Tempel wieder. Einige blieben im Teehaus sitzen, um gesellig Kuchen zu essen, andere gingen in die angebotenen Trainingsstunden von Kung Fu, Tai Chi und Qi Gong.
Kurz vor Beginn des Seminars, um drei Uhr, konnten wir uns noch eine kleine Mittagspause gönnen. Mit Obst, welches wir morgens noch besorgt hatten, saßen wir in der Mittagssonne, die an diesem Tag das erste Mal richtig angenehm erfrischend und warm war. Als Vorbereitung auf das Seminar bekamen wir eine Einführung, was eigentlich eine Dharma-Halle ist. Jeder von uns nahm sich ein Sitzkissen und legte es auf den Hallenboden. Meister Shi Yancheng erklärt uns, wie wir uns in der Halle zu verhalten haben. Beim Eintreten verbeugen, zum Platz gehen, vor dem Kissen, dem sogenannten Dharmasitz, verbeugen, sich setzen und nur reden, falls wir dazu aufgefordert werden. Mit diesem Wissen beginnt dann also das Seminar auf das wir alle sehr gespannt sind.
Nachdem alle sitzen und Ruhe herrscht, beginnt Meister Shi Yancheng zu erklären, was er uns in diesem Seminar überhaupt vermitteln will.
Viele werden es wohl kennen, wenn man mit anderen über Religionen diskutiert. Es wird immer diejenigen geben, die den Gedanken folgen können und wollen und es wird immer diejenigen geben, die Probleme bei diesen Gedanken haben. Meister Shi Yancheng nutzt das heutige Leben, um darin Parallelen und Erklärungen für religiöse Grundsätze zu finden. Es kommt also nicht eine lange Predigt darüber, wie Chan Buddhismus funktioniert, sondern es werden Geschichten und Anekdoten erzählt, scheinbar alltägliche Fragen gestellt und all dies auf „buddhistische“ Gedanken zurückgeführt.
Warum habe ich jetzt buddhistisch in Anführungszeichen gesetzt? Diese Frage lässt sich meines Erachtens und nach Meister Shi Yanchengs Meinung leicht beantworten. Eine Religion bildet nicht nur eine Glaubensgrundlage, sie bildet vor Allem eine soziale Grundlage und da ist es nicht wichtig, welcher Religion man folgt, wenn überhaupt. Die wichtigen Gedanken, die ein Miteinander ermöglichen finden sich überall wieder.
Während wir Meister Shi Yancheng lauschen, erläutert er immer mehr Themen, wie Vergänglichkeit der Schönheit, die Möglichkeiten anderen Trost zu spenden, aber auch Gedankenanstöße wie man Konflikte lösen kann.
Diese ganzen Anekdoten trägt er in einer für mich sehr angenehmen Mentalität vor. Wenn man einem nicht-Rheinländer beschreiben will, wie ein solcher handelt, mag das schwer sein, aber ich werde es hier mal versuchen. Meister Shi Yancheng strahlt eine Offenheit aus, die ihm eine sehr herzliche Erscheinung gibt. Man sollte sich dann allerdings nicht wundern, wenn man auch mal einen derben aber direkten Kommentar abbekommt. Das ist dann keinesfalls böse oder verletzend gemeint. Es ist einfach eine ganz unverblümte Meinung, wie man damit umgeht, bleibt einem selbst überlassen.
Diese einzigartige Zeit mit dem Meister hat uns allen etwas geschenkt, seien es ein interessanter, neuer Blick auf das alltägliche Leben, schöne Geschichten oder, eben derbe Kommentare á la „Der beste Lehrer ist Schmerz, der zweitbeste Wiederholung“.
Zum Abschluss des Seminartages haben wir noch 108 Niederwerfungen in der Gruppe gemacht. 108 mal auf die Knie fallen lassen ist eine echte Herausforderung aber nach dem langen Sitzen eine willkommene Leibesübung.
Zum Abschluss des Tages ging es abends mit der Gruppe und den Mönchen chinesisch Essen, bei dem die Ereignisse der vergangenen Stunden erst einmal verdaut wurden.
Aber auch nachdem wir mit dem Essen fertig und auf dem Heimweg waren, kreisten unsere Gedanken um die Erlebnisse des Tages.
Mit einem frisch angeregten Gemüt und angefachter Begeisterung ging für uns so der Samstag mit großer Vorfreude auf den nächsten Tag zu Ende.
Gruß Kay Wicke und das Team der Tai Chi Akademie
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