Auf zum Seminar mit Shi Yan Cheng im Shaolin Tempel Deutschland in Berlin

Ein Feuer das von Herzen kommt

Tagebuch vom Sonntag den 30.03.2014, Joshua Bold

Sonntag, der letzte Tag unseres doch viel zu kurzen Aufenthalts im Shaolin Tempel in Berlin, begann wie jeder andere doch einfach viel zu früh. Aber ohne Frühstück liegen die Unterweisungen des Meisters Shi Yancheng doch etwas schwer im Magen. Also heißt es raus aus den Federn und unter die Dusche, damit auch die letzte Müdigkeit abgeschüttelt wird. Immerhin muss jeder noch sein Zeug packen und in das Auto laden, bevor wir uns auf den Weg zum Tempel machen können. Anschließend treffen wir uns alle unten für das bereits angesprochene Frühstück. Als alle gesättigt sind und bereit für eine weitere Unterweisung im Buddhismus brechen wir auf zum Tempel.

Dort angekommen machen wir uns daran ein paar Bilder zu schießen. Als wir den Tempel betreten werden wir wieder vom ehrwürdigen Abt Shi Yong Chuan begrüßt, der wie immer seinen Tee trinkend jeden einzelnen Besucher freundlich willkommen heißt. Nachdem er uns begrüßt hat und ein paar Worte mit Katrin auf chinesisch gewechselt hat, ziehen wir uns schnell um, um für die folgende Zeremonie bereit zu sein. Ich freue mich schon darauf was ich heute neues über mich und die buddhistische Lehre erfahren werde. Für mich ist es eine ganz neue Erfahrung sich mit dem Buddhismus auf der Ebene einer Religion oder Philosophie zu beschäftigen. Ich finde es beeindruckend, wie das Feuer von einem begeisterten Menschen zum nächsten überspringen kann und Meisters Shi Yancheng das Thema verständlich zu erklären vermag, es fast schon alltäglich erscheinen lässt, ohne ihm jedoch die Mystik zu nehmen. Als die Zeit für den Workshop gekommen ist, betreten wir wieder, wie am Tag zuvor, mit festem Zeremoniell die Dharmahalle. Dabei wirkt es weit weniger befremdlich sich vor seinem Kissen, oder Dharmasitz, zu verbeugen,als am Tag zuvor, denn mittlerweile ist klar, dass dieser Platz einem jedem von uns die Möglichkeit gibt etwas neues zu erfahren. Für den Einen ist es ein interessanter Diskurs über Religion,wohingegen andere es als eine Beobachtung über sich selbst oder die menschliche Situation sehen.
Trotz dieser doch sehr philosophischen Fragen, oder gerade deswegen, kann es meiner Meinung nach nicht schnell genug los gehen. Trotzdem stehen wir alle ruhig vor unseren Kissen und warten darauf, dass alle ihren Platz gefunden haben und der Meister den Raum als letzter betreten hat.
Als wir Platz genommen haben, lauschen wir einer derben und offenherzigen Fortsetzung des vorangegangen Tages. Wir erfahren von Li und Xing, die zwei Wege zur Wahrheit, den dazugehörigen Maximen und Anderem, alles gewürzt mit Anekdoten aus dem Leben, manch derbem Witz und weisen Ratschlägen. Zum Abschluss dieser Unterweisung meditieren wir noch einmal über alles, was wir Neues an Wissen und Erkenntnissen haben. Jeder von uns betrachtet seine eigene Wand, die einem jedem von uns vertrauter geworden ist. Als wir auf diese Weise den Lehrgang beenden, fühle ich mich entspannter und in mir ruhender als noch zwei Tage zuvor und ich habe den Eindruck zumindest einen kurzen Blick auf die alten Meister erhascht zu haben. Auch wenn ich mir meine Mitschüler ansehe, habe ich den Eindruck, jeder hat etwas gewinnen können. Was genau, vermag ich nicht zu sagen, aber ein jeder wirkt entspannt und bereit das Leben in Angriff zu nehmen.

Die Abgesahnten der Tai Chi Akademie Kaiserslautern, einer fehlt er hat fotografiert.

Die Abgesahnten der Tai Chi Akademie Kaiserslautern, einer fehlt er hat fotografiert.

Nach diesen für mich sehr lehrreichen Tagen verabschieden wir uns sehr herzlich vom ehrwürdigen Abt Shi Yong Chuan und dem Meister Shi Yancheng. Ich verabschiede mich nur sehr schweren Herzens von diesem Hort des Wissens, der mir in den wenigen Tagen, die ich dort verweilen durfte, doch so ans Herz gewachsen ist. Aber da hilft kein Zaudern oder Klagen, wenn wir heute noch in Kaiserslautern ankommen wollen, müssen wir langsam los, immerhin haben wir noch 7 Stunden Fahrt vor uns.

Die Buddhahalle des Shaolin Tempel Deutschland.

Die Buddhahalle des Shaolin Tempel Deutschland.

Darum klemmt sich Jörg gleich hinter das Steuer und es geht los. Doch geistig weilt jeder noch bei dem an diesem Wochenende Erlebten und ehe wir uns versehen, müssen wir uns gleich daran machen das gelernte in der Wirklichkeit anzuwenden. Bei der Fahrt aus Berlin heraus diskutieren wir über die Erfahrungen, die jeder von uns hat sammeln können, und so gleitet die Achtsamkeit unseres Fahrers aus dem Hier und Jetzt in das Vergangene ab. Ehe wir uns versehen werden wir durch einen grellen Lichtblitz in die Gegenwart zurückgeholt. Wie konnte es auch anders sein, wir sind direkt in einen Blitzer hineingefahren. Das hat uns alle wie aus einem leichten Dämmerschlaf gerissen und die ersten Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, sind nicht sonderlich freundlicher Natur. Doch dann besinne ich mich auf die Unterweisung und auch wenn ich mich selbst nicht für einen praktizierenden Buddhisten halte, erkenne ich doch, dass Meister Shi Yancheng mir etwas Wichtiges vermitteln konnte. Sich jetzt noch darüber aufzuregen würde nicht das geringste ändern und mich nur noch mehr aus dem Gleichgewicht bringen. So verstehe ich es als einen unmittelbaren Hinweis darauf mich auf das zu konzentrieren was unmittelbar vor mir liegt und mich nicht irgendwelchen Tagträumen hinzugeben oder in Erinnerungen zu schwelgen. Dieser Dämpfer stoppt unsere Unterhaltung erst ein wenig, aber wir nehmen sie schnell wieder auf, diesmal jedoch ohne das Hier und Jetzt aus den Augen zu verlieren.

Kurz nach dem emotionalen Einbruch durch das teure Familienfoto ist auch unser Trainer Jörg wieder gut gelaunt. Schließlich haben wir für diese Fälle das ganze Wochenende geübt.

Kurz nach dem emotionalen Einbruch durch das teure Familienfoto ist auch unser Trainer Jörg wieder gut gelaunt. Schließlich haben wir für diese Fälle das ganze Wochenende geübt.

Die weitere Fahrt verläuft ruhig und recht ereignislos, nachdem jeder seine Gedanken ausgesprochen hat. Es war ein anstrengendes Wochenende gewesen und jeder von uns hat über einiges nachzudenken. Etwa drei Stunden später zwingt uns die sinkende Tankanzeige einen kurzen Stopp einzulegen und wieder aufzutanken, bei dieser Gelegenheit wechseln wir gleich noch die Fahrer aus und so ist es jetzt an mir uns die restlichen Kilometer sicher Richtung Heimat zu chauffieren. Als wir in Mannheim ankommen, um Katrin nach Hause zu bringen, kann es keiner von uns recht glauben, dass dieses Wochenende zu Ende geht. Aber nach einer warmen Verabschiedung machen wir uns wieder auf den Weg, die Heimat ruft und jeder von uns ist von der langen Fahrt erschöpft und möchte sich einfach nur noch in die Federn hauen. Die restliche Strecke ist auch schnell überwunden und nachdem wir voneinander Abschied genommen haben bin ich auch heil froh endlich in mein Bett zu kommen und zu schlafen.
Mein Fazit für dieses einmalige Erlebnis im Shaolin Tempel Deutschland in Berlin ist, dass ein jeder Mensch, der seine Begeisterung gleichsam einer Flamme in seinem Herzen trägt, vermag dieses Feuer in jedem zu entzünden, der geneigt ist ihm zu zuhören.

Ich freue mich darauf bald wieder nach Berlin zu reisen und neue Dinge zu erleben und zu lernen.

Ich wünsche dir alles Gute
und immer schön locker bleiben.
Euer Joshua Bold