06.01.2014 – Berlin / Shaolin Tempel Deutschland

Es ist Montag Morgen im Metropolitan Hotel in Berlin.
Nach sieben Stunden Autofahrt, einem gemütlichen Essen mit der Gruppe und Meister Yan Yao, fiel ich gestern Abend wie tot ins Bett, geschlafen habe ich dennoch kaum. Irgendwie ist es total aufregend diesmal nicht alleine im Tempel zu sein, sondern erstmals als Spitze einer Schülergruppe aufzuschlagen.

Um 9.20 Uhr steht unsere Gruppe gut gelaunt und bepackt wie Maulesel vor der Tempelpforte in der Bundesallee 215, in Berlin, und wir stellen fest, dass die Tür noch verschlossen ist. Doch als wir gerade unsere Taschen und Waffen abgelegt haben, kommt der ehrwürdige Herr Abt des Tempels und öffnet uns die Tür.

DaShi Yong Chuan begrüßt alle herzlich und bittet uns herein.

Schon als ich die Schwelle übertrete fühle ich mich wieder zu Hause und alle Unsicherheit ist verflogen. Ich bin wieder an dem Ort, der zu einer Art Zufluchtsstätte für mich geworden ist, und an dem ich viele der Fähigkeiten erlangt habe, die mir nun das Privileg ermöglicht haben, selbst Schüler in den Kampfkünsten der Shaolin zu unterrichten.

Während die Gruppe sich schon umziehen geht unterhalten sich der Herr Abt, unser Findelkind Martin ( Trainer und Leiter des Shaolinzentrums in Leverkusen ) und ich über den von uns geplanten Verlauf der Woche und die Fähigkeiten die wir zu vertiefen gedenken.
Nachdem auch wir in die Trainingskleidung geschlüpft sind geht es zum Chen Tai Chi Unterricht bei Meister Shi Yong Dao.
Für die meisten von uns ist dies absolutes Neuland, aber alle sind konzentriert und wissbegierig.

Für mich ist es mal wieder eine absolute Freude, diesen großartigen Lehrer in Aktion zu erleben und meine bei ihm erlernte Chen Form erneut zu üben. Man kann diesem Mann stundenlang zuschauen, seine fließenden Bewegungen zwischen absoluter Ruhe und geballter Energie sind fast magisch.
Nach einer Stunde betritt Shi Yan Yao die Buddhahalle und das erste Kung Fu Training unserer Gruppe im Tempel beginnt.

Schon nach den ersten paar Minuten bin ich wahnsinnig stolz auf meine Mädels und Jungs.
Alle sind hochkonzentriert und strengen sich an. Meister Yan Yao schenkt uns an diesem Morgen aber auch nichts. Eine geschlagene Stunde Aufwärmtraining und Grundtechniken. Echt kein Pappenstiel nach einer vollen Stunde Chen Tai Chi. Völlig erschöpft aber glücklich finden wir uns eine halbe Stunde später bei unserem Stammitaliener LA VITORIA ein und stillen unseren Bärenhunger.

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Im Anschluss begeben wir uns zurück in den Tempel und trinken Tee, bevor es um 16 Uhr mit einer Chan Meditation weitergeht. Schon erstaunlich wie schwer es ist 45 Minuten lang zu sitzen und sich nur auf den Atem zu konzentrieren. Doch sobald man sich wirklich komplett auf diese Übung einlässt, ist es wundervoll.

Als nächstes wartet wieder eine Unterrichtsstunde mit Meister Yong Dao im Chen Tai Chi auf uns. Ich muss sagen, ich bereue es sehr, dass ich zu Hause nicht mehr Chen geübt habe und somit meine Form, im Gegensatz zum letzten Besuch in Berlin, sehr nachgelassen hat. Aber dafür sind wir ja da. Um Erlerntes zu vertiefen und Neues zu erfahren.

Es ist mittlerweile 18 Uhr und wir gönnen uns ein wenig Entspannung. Das heißt, wir besuchen den Qi Gong Kurs von Da Shi Yong Chuan. Dieser beginnt mit einer kurzen Gehmeditation, gefolgt von 25 Minuten Sitzmeditation. Danach beginnt das eigentliche Qi Gong. Hier im Tempel wird eine Kampfform im Qi Gong gelehrt, die sogenannte Shaolin Rou Qiuan.

Sie verbindet Bewegungen aus dem Ba Duan Jing, dem Jijingging und Kampfanwendungen aus dem Kung Fu. Eine sehr spannende Art der Entspannung.
Doch damit nicht genug, es wartet noch mein persönliches Highlight.

Akrobatiktraining mit dem Showteam von Shi Yan Yao. Seid Jahren bin ich mit dieser lustigen Truppe bekannt und mit einigen davon befreundet. Es ist erstens erstaunlich, was für eine Sprungkraft so manche von ihnen haben und wie sehr sie sich mit anderen über ihre Trainingserfolge freuen können.

Nach einer Stunde Salto und Co lassen wir den Tempel für heute hinter uns und treffen uns zum Abendessen bei Ishin, einem Sushirestaurant ca. 600 m vom Tempel entfernt. Nach 6 Jahren, seit ich ihn kennenlernen durfte, ist heute Abend André‘, die gute Seele hinter dem Empfang des Shaolin Si Deutschland mit von der Partie. All die Jahre wollten wir zusammen Essen gehen und nun sitzt er endlich mal entspannt mit uns am Tisch. Nach einem guten Essen mit lieben Menschen endet unser erster Tag und mein Zimmerpartner Kay und ich fallen völlig erschöpft, aber glücklich, ins Bett.