Die Lehre vom Buddha
Herzlich Willkommen zum neusten Eintrag im Blog, der Tai Chi Akademie Kaiserslautern.
Es ist uns eine große Freude, dir einen Text anbieten zu können, der uns von Shi Yan Cheng, dem buddhistischen Lehrer und Mentor unseres Trainers Jörg Roth, zur Verfügung gestellt wurde.
Shi Yan Cheng praktiziert seit 1969 lernend und lehrend Chan, Daoyin Shu und Gongfu. Als Chan-Mönch der 34. Shaolin Generation leitet er die Eremitage im Bambushain, das erste und einzige Zentrum für Shaolin Caodong Chan. Shi Yan Cheng ist der erste Europäer der offiziell im Auftrag vom Muttertempel, eigene Schüler als Mitglieder der 35. Generation von Shaolin benennen darf.
Und nun möchten wir das Wort an ihn selbst übergeben. Viel Freude mit dem Buddhadharma
Zusammenfassung der Lehre vom Buddha
Die Lehre vom Buddha, auch Buddhadharma genannt, ist die Lehre vom So-Sein und weder Religion noch Philosophie, sondern eine Wirklichkeitslehre. Als Religion fehlen ihr drei Grundbegriffe als letzte erklärende Werte: der Gottes-, Glaubens- und Seelenbegriff. Sie ist keine Philosophie, denn sie leitet zur Aufhebung, zur Überwindung des diskursiven Denkprozesses an.
Der Buddhadharma ist wissenschaftliche Erforschung der Gesetzmäßigkeit menschlicher Natur auf ethischer Grundlage durch die Mittel der Sinnen-Disziplin, des Klar-Bewusstseins und der besonderen Arbeitsmethode der Kontemplation.
Die Grundlagen der Lehre
Die Lehre vom Buddha beruht auf einer tiefgreifenden Analyse der Welt und ihrer Gesetzmäßigkeit und zeigt einen sich daraus ergebenden Weg zur Aufhebung des Leidens im Leben des Einzelnen durch rechte Erkenntnis und rechtes Handeln. Der Buddha sagt:
Eines nur zeige ich immer wieder: Das Leiden, die Entstehung des Leidens, die Aufhebung, des Leidens und den zur Aufhebung des Leidens führenden Weg.
Das sind die Vier Edlen Wahrheiten im Buddha-Dharma. Als Ursache des Leidens nennt er das Nicht-Wissen, aus dem Gier, Hass und wahnvolles (nicht wirklichkeitsgemäßes) Denken entstehen. Sie bewirken ein Haften an falschen Vorstellungen, das immer zu Leiden führen muss. Unter diesem Gesichtspunkt müssen alle Schriften verstanden werden. Leiden ist hierbei nicht eng zu sehen. Auch Freude ist ein Leiden im Sinne von positiv empfundenem Erleiden von Sinneseindrücken.
Der Kern der Lehre vom Buddha enthält keine metaphysischen Spekulationen, Glaubenshaltungen oder Gottesvorstellungen. Sie werden respektiert und geduldet, solange sie dem Menschen noch eine Hilfe sind. Um spekulative Missdeutungen seiner Lehre zu vermeiden, gab der Buddha den Kalamas folgende Weisung:
Richtet euch nicht nach Hörensagen, nicht nach landläufigen Meinungen und Autorität von (heiligen) Schriften, nicht nach Spekulationen und Schlussfolgerungen, nicht nach sinnfälligen Theorien und liebgewordenen Ideen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge und nicht nach der Autorität des Meisters! Wenn ihr vielmehr selber erkennt: „Diese Dinge sind unheilsam, verwerflich, werden von Verständigen getadelt, führen, wenn verwirklicht, zu Unheil und Leiden“ – dann sollt ihr sie ablehnen … und wenn ihr selber erkennt: „Diese Dinge sind heilsam, annehmbar …“ dann solltet ihr sie euch zu eigen machen.
Die grundlegenden Erkenntnisse
Alles Geschehen und alle Erscheinungen sind das Ergebnis eines ständigen dynamischen Prozesses und deshalb ausnahmslos vergänglich, unbeständig. Ein Anfang und ein Ende dieser Dynamik der Welt sind nicht zu erkennen.
In diesem Geschehen ist kein statisches Ich, keine Seele erkennbar (Anattâ-Lehre).
Alles Geschehen folgt ausnahmslos dem Gesetz von Ursache und Wirkung (paticcasamuppada).
Alles Leben strebt nach Wohlerleben, und auch Menschen sind Wesen, die nach Wohl streben und Wehe meiden. Unter Wohl ist zunächst allgemein das Bewusstwerden angenehmer Empfindungen zu verstehen, die in der Regel aus der Harmonie zwischen dem einzelnen Menschen und der im Augenblick wirksamen Umwelt entstehen.
Das Gesetz von Ursache und Wirkung bestimmt auch den Lebensweg des Menschen. Es ist deshalb entscheidend und wichtig, die inneren und äußeren Bedingungen zu erkennen, zu beachten und danach zu handeln. Das Schicksal des Menschen hängt somit von seinen eigenen richtigen Vorstellungen und dem entsprechenden Handeln ab. Daraus ergibt sich, dass es kein Fremdverschulden und kein stellvertretendes Leiden geben kann.
Im Bewusstwerden entsteht die Welt ausschließlich über den Sinnesorganprozess von Berührung, Wahrnehmung, Empfindung, Bewusstwerden. Hierbei wird auch das Gehirn als Sinnesorgan aufgefasst, das die anderen Sinneseindrücke zu Vorstellungen, Begriffen und Worten ordnet. Diesen Prozess nennt man Geist. Es heißt deshalb im Dhammapada:
Vom Geiste geh’n die Dinge aus, sind geistgeboren, geistgeführt.
Es gibt drei Umwege zur Erkenntnis: Die Schrift, die Sprache und das Denken. Der direkte Weg ist spontanes Sehen des So-Seins (tathata), das den gesamten Menschen erfasst.
Die auf den Erkenntnissen beruhenden Weisungen
Wenn gesagt wird: »Es lebe der Mensch zu seinem Wohl, zu anderer Wohl, zu beider Wohl«, so ist hier ein Wohlstreben gemeint, das keine negativen Folgen haben kann, weil sonst auch das angestrebte beständige Wohl nicht erreichbar ist. Die Befolgung dieser Weisung setzt eine klare Erkenntnis der jeweiligen Situation und die Beherrschung – möglichst die Aufhebung – von Gier, Hass und wahnvollem Denken im handelnden Menschen voraus.
Die hierfür zu übende und einzunehmende menschliche Grundhaltung wird in den Brahma Vihara als Einheit von Güte, Verstehen, Freude, Gleichmut beschrieben.
Das letzte Ziel des Weges ist, in der Welt zu leben, ohne von ihr leidvoll berührt zu werden (Nirvana).
Der beste Weg dorthin – oft wird gesagt der einzige – ist der Weg der Achtsamkeit (satipatthana). Er besteht aus rechter Erkenntnis, rechter Gesinnung, rechter Rede, rechtem Tun, rechtem Lebensunterhalt, rechter Anstrengung, rechter Achtsamkeit, rechter Sammlung. Dieser Weg ist auch als der Achtfache Pfad bekannt.
Die geübte Schulungsmethode ist die Methode des reinen Beobachtens, des intuitiven wortlosen Erkennens, der Meditation.
Rechtes wortloses Erkennen ist zunächst wertfreies Erkennen des So-Seins (tathata) der jeweiligen Situation, des aktuellen Tatbestandes. Erst dann können die Möglichkeiten für richtiges Handeln betrachtet werden. Die Meditation soll zu Klarbewusstwerden führen. Da sie aber beim Anfänger leicht außer Kontrolle geraten und zu Halluzinationen führen kann, soll sie möglichst nicht ohne einen erfahrenen Lehrer intensiv geübt werden.
Im täglichen Leben soll man die permanente Meditation pflegen, »die Achtsamkeit vor sich hertragen«. Das bedeutet z. B., dass man sich übt, nie »in Gedanken« woanders zu sein, sondern die Aufmerksamkeit stets voll bei seinem augenblicklichen Tun, bei seiner augenblicklichen Situation zu halten.
Das Ergebnis ist eine wirklichkeitsgemäße spontane Erkenntnis der jeweils aktuellen Situation (Vipassana, Klarblick) und dadurch richtiges leidfreies Handeln bis zum endgültigen Erlöschen des Bewusst-Werde-Prozesses, den wir als Tod (paranirvana) bezeichnen.
Aus der Eremitage im Bambushain wünsche ich meinem Schüler Heng Qian (Jörg Roth), der Tai Chi Akademie Kaiserslautern und allen Lesern, Frieden und Gutheit.
Von Herz zu Herz,
Shi Yan Cheng
Mit diesem Gruß möchten wir den heutigen Blog Abschliessen.
Wir bedanken uns recht herzlich bei Shi Yan Cheng für diesen lehrreichen und anregenden Text und möchten nun von dir wissen, was die Zeilen bei dir ausgelöst haben. Schreib uns einfach, welche Fragen zu diesem Thema dich schon lange umtreiben oder gerade in dir aufgestiegen sind. Jörg Roth wird diese dann an seinen Mentor weiterleiten und gemeinsam mit Ihm beantworten.
Wie immer freuen wir uns über Mails, Kommentare und das Teilen dieses Beitrags.
Bis zum nächsten mal
Dein Team der
Tai Chi Akademie Kaiserslautern