Der Tag an dem ich heilige Kühe schlachtete. Oder was der Aufenthalt in Wudang veränderte …

Joshua und Jörg im Purple Heaven Palace in den Wu Dang Bergen

Joshua und Jörg im Purple Heaven Palace in den Wu Dang Bergen

Hallo zusammen,
als Joshua, Adele und ich nach Wudang Shan aufbrachen, hatte ich keine Ahnung was mich erwartet.
 
Ich hätte nicht gedacht, dass ich auf dieser Reise beginnen würde Dinge zu verstehen, die unser Groß-Meister Rondalli, mir seit unseren ersten gemeinsamen Schritten nahezulegen versuchte. Auch mein Mentor Curtis Clavin Dittrich sagte mir immer wieder, dass die Härte die man heute im Shaolintempel erlernt einen Holzweg darstellt. Ich dachte immer ich hätte den Satz, „sei wie das Wasser“, einigermaßen verinnerlicht. Doch nun weiß ich, dass ich mit der Wudang-Reise diesen Weg erstmals wirklich beschritten habe.
 
Mein Lehrervater Rondalli sagte mir immer folgendes: „Kung-Fu ist nur schlecht ausgeführtes Tai Chi. Kung-Fu, Qi-Gong und Tai-Chi-Chuan müssen gemeinsam geübt werden. Man kann diese Systeme nicht voneinander trennen, wenn man sie wirklich verstehen möchte!“ In Wudang wurden auch diese Sätze mir endlich veranschaulicht.
 
In der daoistischen SengFeng Kampfkunst ist der Übergang zwischen Kung-Fu, Tai-Chi-Chuan und Qi-Gong absolut fließend. Es gibt Tai Chi Formen die wie Kung-Fu aussehen, Kung-Fu Formen die Qi-Gong ebenso beinhalten wie Schritte aus dem was wir als Tai-Chi kennen und so manche daoistische Qi-Gong-Form würde jeder Außenstehende als Tai-Chi-Chuan identifizieren.
Nun fragst du dich warum ich diesen Beitrag mit dem Satz, „Der Tag an dem ich heilige Kühe schlachtete“, eingeleitet habe. Nun, als ich bisher in China trainierte, hörte ich folgende Worte täglich, einige hundert Mal:
 

  • Falsch!
  • Härter!
  • Mehr Kraft!
  • Tiefer!
  • Schneller!

Diese Aufforderungen könnte man von einer Mobilen-App, einfach in zufälliger Reihenfolge, energisch wiedergeben lassen, um ein echtes Shaolintempel Trainingsgefühl zu erhalten. Mein Ehrgeiz trieb mich natürlich voran und gestaltete so mein Bild von Shaolin-Kung-Fu als äußere, kraftvolle und harte Kampfkunst.
 

In WuDang spiegelt sich das Streben nach Harmonie nicht nur in den Dekorationen der Räume wieder, sondern auch in der Kampfkunst

In WuDang spiegelt sich das Streben nach Harmonie nicht nur in den Dekorationen der Räume wieder, sondern auch in der Kampfkunst

Dann kam das erste Training in Wudang Shan.
Dort drangen ich folgende Anweisungen, getragen von der ruhigen Stimme meines Trainers, an mein Ohr:
 

  • Weicher!
  • Immer entspannt bleiben.
  • Geh so tief wie du dich wohl fühlst.
  • Es ist richtig, wenn es deine Form ist.
  • Jeder macht diese Form so wie es seiner Natur entspricht.
  • Ich zeige dir heute meine Form, in zwei Wochen zeigst du mir deine Form.

Kurz gesagt: „Mach dich locker!“

Spaß ist in Wudang strengstens erlaubt. Was ist die wichtigsten Frage an jedem harten Trainingstag? Genau! Was gibt es zu Essen!

Spaß ist in Wudang strengstens erlaubt. Was ist die wichtigsten Frage an jedem harten Trainingstag? Genau! Was gibt es zu Essen!

Man könnte sagen:„ In Shaolin entscheidet der Lehrer über richtig oder falsch! In Wudang wird diese Entscheidung immer vom Leben getroffen! Es ist fast so als wäre man in der Shaolinkampfkunst nur der Gast eines Banketts, in Wudang hingegen ist man der Gastgeber und der Koch des Festessens.
 

Diese Haltung ermöglicht ein völliges neues Verstehen der Kampfkunstsysteme und letztlich des eigenen Körpers. Es geht auf einmal nicht mehr darum den Meister zu kopieren oder stumpf der Tradition nach zu tanzen. Endlich ist der Schüler befreit von Dogmen und Idealbildern. Frei nach dem daoistischen Prinzip: Alles hat seine Natur und muss danach Wirken! In Wudang ist selbstständiges Denken und aktives Arbeiten mit den gezeigten Prinzipien gefragt.
 
Der Schüler soll sich und seine Persönlichkeit in den Übungen verwirklichen können. Diese Ansätze waren bei meinem Training in Shaolin meist schnell mit dem Wort, FALSCH, bestraft worden. Mal ganz ehrlich. Wie oft ist es dir schon passiert, dass du unter einem Meister eine Form erlernt hast und später, irgendwann bei einem anderen Lehrer am Unterricht teil genommen hast, wo dein jahrelang erlerntes Formenwissen sofort als falsch ausgelegt wurde. Im besten Fall wurden meine Anstrengungen dann mit dem Satz belohnt: „Wer hat dir denn das, so beigebracht?“
 
Die Erlebnisse beim Training in Wudang gaben mir eine ganz neue und bisher fremde Motivation. Ich war immer davon überzeugt, dass meine Laufbahn im Kung-Fu, altersbedingt, in einigen Jahren gänzlich dem Tai-Chi und Qi-Gong weichen müsse. Mit der Geistes- und Körperhaltung der Seng Feng Schule kann ich solche Gedanken getrost fallen lassen.
 

Um Neues zu erleben, braucht man den Mut durch fremde Tore zu schreiten. In Wudang findet man nicht nur Bauwerke sondern auch Wege ...

Um Neues zu erleben, braucht man den Mut durch fremde Tore zu schreiten. In Wudang findet man nicht nur Bauwerke sondern auch Wege …

Ich habe nun begonnen meine Shaolin-Formen den neuen Eindrücken zu unterwerfen. Das Resultat ist wundervoll.
Mehr möchte ich heute gar nicht schreiben, denn in diesen Zeilen stehen schon jetzt genügend Anregungen, die einen Kampfkünstler entweder zu Fragen, zu eigenen Ideen oder zu Selbstversuchen anregen können. Ich würde mich über deine Erfahrungen sehr freuen. Scheue dich auch nicht, diesen Text kritisch zu behandeln.
 
Wer kann schon behaupten, dass er die Kampfkünste und Ihre Traditionen komplett verstanden hat.
Wie alles im Leben sind die Ansichten eines wirklich Praktizierenden subjektiv und immer im Fluss.
 
Das Üben des Prinzips hat mich zu folgenden Denkweisen geführt. „Der Übende der seinen Geist verhärtet, muss auch damit rechnen einen verkrampften Körper sein eigen zu nennen. Wer aber sein Herz und seinen Geist für Neues offen hält und den natürlichen Lauf der Dinge achtet, der kann wahrscheinlich irgendwann verstehen was der Satz „Sei wie das Wasser“ wahrlich bedeutet. Und zwar ohne dabei zu vergessen, dass weich nicht kraftlos bedeutet! Wasser kann einen kleinen, verträumten Bach füllen aber auch als Tsunami alles nieder reißen und zerstören.
 
Am Ende habe ich noch einen Gongan aus dem alten China für dich ausgesucht:
Der Schüler fragt: „Meister, was ist das Dao (Weg)?“
Der Meister antwortet: „Schau unter deine Füsse!“
 
Ich freue mich auf deine Ideen zu diesem Thema.
Alles Gute und bis zum nächsten mal.
Vielleicht hat der Text dich dazu gebracht, über deine heiligen Kühe nachzudenken. Diese findest du sicher nicht nur in der Kampfkunst, sonder bei jedem Schritt im Alltag.
 
Viel Licht und Freude, wo auch immer deine Füsse dich hintragen.
 
Jörg Roth

Jörg und sein Trainer James auf dem Trainingsplatz der China WuDang Kung fu Akademie. http://www.daoistkungfu.com

Jörg und sein Trainer James auf dem Trainingsplatz der China WuDang Kung fu Akademie. http://www.daoistkungfu.com

Nun bist du gefragt! Schicke uns deine Eindrücke! Teile und kommentiere unseren Beitrag. Wenn du irgendwelche Fragen zu unserem Training oder unseren Lehrern hast. Scheue dich nicht die Kontaktfunktion unserer Webseite zu Nutzen.
 
Und nun …
alles Gute und viel Freude beim Training
 
dein Team der Tai Chi Akademie Kaiserslautern

Shaolin Training wie im Film …

 

Hallo, schön, dass du wieder bei uns reinschaust.

 

Nun, da die Tage kürzer werden, möchten wir ein bisschen in Erinnerungen schwelgen und dich noch einmal mit auf die Chinareise unserer beiden Mitglieder Jaap Sanders und Jörg Roth nehmen. Am dritten Tag ihrer Reise wurden sie mit einem wirklich harten Training verwöhnt. Geschwollene, blaue Hände gab es gratis dazu…

Viel Spaß beim Lesen.

 

 

Hier ist mal wieder Jörg Roth,

 

ich möchte euch vom dritten Tag der Chinareise erzählen, an dem unser erstes richtiges Training stattfand. Nach einem reichhaltigen Frühstück (mit Kaffee!) nahmen wir unsere Waffen und machten uns um 8.15 Uhr auf den Weg zum Tempel.

 

Ein seltener Anblick! Das Tor des Shaolintempels ohne Touristen.

Ein seltener Anblick! Das Tor des Shaolintempels ohne Touristen.

 

Nachdem ich am Shakyamuni Schrein meine Niederwerfungen gemacht hatte, begannen wir selbstständig mit Aufwärmen und dem Stretching. Unser Shifu hatte uns erlaubt, dies alleine zu machen, um dann um 9 Uhr unter seiner Leitung direkt mit den Basics anzufangen. Somit gewannen wir Trainingszeit für unsere Formen. Nach den genannten Basisübungen (Stände, Schrittfolgen, usw.) folgten wir unserem Meister nach draußen. In einer der Unterkünfte der Kampfmönche wurden wir mit Trainingsmaterialien ausgestattet. Sie bestanden aus einer Art Betoncattlebell, 3 Säckchen mit Sand und einem Säckchen mit Kugellagerkugeln. Damit ging es nach draußen zu einem kleinen Schrein mit kleinen Treppen und Mauern.

 

Diese Pagode steht im Seitenflügel des Tempels, zu dem die Touristenströme keinen Zutritt haben.

Diese Pagode steht im Seitenflügel des Tempels, zu dem die Touristenströme keinen Zutritt haben.

 

Langsam wurde mir klar was auf uns zukam. Abhärtung und Krafttraining. Ich bekam zum Hand-Abhärten gleich mal das böse Säckchen mit den Metallkugeln. Es folgten 200 Handkantenschläge im Pferdestand (Ma Bu) auf das auf einer Mauer liegende Säckchen. Dann kamen zweihundert Schläge mit der Handfläche und dann waren die Handrücken dran. Bei jedem Schlag sollte die Hand über den eigenen Kopf angehoben werden und dann mit Energie auf das Ziel treffen. Schon nach der ersten Runde war mein linker Handrücken leicht blutunterlaufen.

 

Dieses Training ist effektiv aber schmerzhaft. Das verrückte ist, es macht auch noch Spaß.

Dieses Training ist effektiv aber schmerzhaft. Das verrückte ist, es macht auch noch Spaß.

 

Es ging weiter mit Krafttraining. Im Pferdestand führten wir einige Cattlebellübungen aus. 20 mal vom Boden anheben und über den Kopf Strecken, dann 20 mal um die Beine kreisen, dann mit Schwung und gestrecktem Arm das Gewicht von zwischen den Beinen aus pendelnd nach vorn Schleudern und es dann leicht nach oben werfen, um es mit der anderen Hand auf Kopfhöhe zu fangen. Hiernach mussten wir das Gewicht von den leicht gekrümmten Fingerspitzen mit der Kraft der Finger und des Unterarms in die geschlossene Hand ziehen. Das war nach dem Abhärtungstraining echt garstig aber machbar. Dann kam das Schlimmste. Auf einem Bein stehend, den Fuß des anderen Beins durch den Griff des Cattlebells gesteckt, mussten wir das Bein 15 mal hochheben. Hier ist zu beachten, dass wir bereits die ganze Zeit im MaBu gestanden hatten. Naja, danach wurde uns eine 5 minütige Pause gegönnt.

 

Krafttraining made in China ...

Krafttraining made in China …

 

Neben uns trainierten die Jungs des Showteams. Einige davon waren bei meinem letzten Aufenthalt in Shaolin meine Meister gewesen. Da wir ja gerade eine Pause machten, wollten sie sehen, ob ich die damals gelernte GuanDao Form (Große Hellebarde) noch beherrsche. Ich ließ mich nicht zweimal bitten und zeigte ihnen meine Fortschritte. Nach dem absolvierten Training kam es mir vor, als ob die Waffe 20 Kilo schwer sei. Aber alles lief gut und die Jungs sowie mein neuer Shifu klatschten. Ich war sehr froh, dass das viele Üben sich bewährt hatte und ich die Form kraftvoll sowie auch fehlerfrei zeigen konnte.

 

Einige Jungs von der "Pausenaufsicht", genauer gesagt Freunde aus dem Showteam von Shaolin.

Einige Jungs von der „Pausenaufsicht“, genauer gesagt Freunde aus dem Showteam von Shaolin.

 

Schon war die Pause vorüber und Jaap und ich schnappten uns unsere neuen Waffen. Wir glaubten, das Aufwärmtraining sei vorbei. Leider mussten wir sie aber gleich wieder hinlegen. Uns erwartete noch eine Runde der beschriebenen Abhärtungs- und Kraftübungen. Total erschöpft und mit schmerzenden Händen begannen wir dann die ersten Schritte mit unseren neuen Waffen. Das ließ die müden Knochen schnell wieder munter werden und wir trainierten eisern bis 11 Uhr weiter.

 

Als wir entlassen wurden, zeigte ich Jaap die Medizinische Abteilung des Tempels. Dort versorgten wir uns mit einigen Wundermitteln aus der chinesischen Medizin. Endlich Mittagessen und ein bisschen Entspannen. Ich nutze die Zeit, um meine dick geschwollenen Hände zu kühlen. Seit der zweiten Runde Abhärtungstraining erinnerten meine Hände leicht an blaue Ballons. Naja, ich hoffte dennoch, wir würden das öfter machen. Wir hatten nicht viel Zeit zum Ausruhen, da es um 14 Uhr mit dem Training weiter gehen sollte. Die Zeit verging viel zu schnell und so joggten wir um 13.20 Uhr zum Tempel. Dort angekommen hieß es wieder, in Eigenregie, 5 mal den Hügel rauf und runter rennen usw. Danach dehnten wir uns ausgiebig.

 

Ab dem 3. Trainingstag scheint dieser Weg, beim auf- und abrennen, immer steiler zu werden.

Ab dem 3. Trainingstag scheint dieser Weg, beim auf- und abrennen, immer steiler zu werden.

 

Irgendwann gegen 14.10 Uhr begannen wir uns zu fragen, wo denn der Rest der Gruppe blieb. Ich rannte zu Mr. Wangs Büro, wo ich seinen Assistenten traf. Nach einem kurzen Gespräch war mir klar warum die anderen nicht gekommen waren. Das Nachmittagstraining beginnt in Shaolin um 15 Uhr. Mittlerweile war es 14.30 Uhr. Um warm zu bleiben, übten wir die am Morgen gelernten Schritte, bis schließlich die Gruppe eintraf. Erneut hieß es: Laufen und Dehnen. Als die Meister eintrafen, ging es weiter mit extremem Dehnen. Ab in den Männerspagat. Einer der Meister zog am vorderen Bein, während der andere die Hüfte nach unten drückte. Was für ein Spaß. Jeder wurde durch die verschiedenen von den Meistern forcierten Dehnungen gequält. Danach nochmal eine Runde den Berg runter und rauf, um den Beinen wieder klar zu machen, wo oben und unten ist. An diesem Tag war es übrigens unfassbar schwül. Beim Dehnen liefen mir Sturzbäche aus Schweiß vom Körper.

 

Als diese Marter durchgestanden war, ging es bis 17 Uhr mit Formtraining weiter. Was für ein Hammertrainingstag. Wir waren total fertig und ließen den Abend im Kiosk an der Ecke mit einem freundlichen Engländer und einem trinkfesten Schweden bei einem wohlverdienten, kühlen Lightbier ausklingen. Um 22:40 Uhr habe ich dann diesen Text geschrieben und wollte nur noch schlafen. Mir war vollkommen egal, wie hart die Matratze war. Ich schlief wie ein Stein.

 

Jedoch wird man für alle Strapazen mit freundlichen Menschen und Bildern wie diesen belohnt.

Jedoch wird man für alle Strapazen mit freundlichen Menschen und Bildern wie diesen belohnt.

 

So, das wars auch schon für heute. Wenn dir der Text gefallen hat, teile ihn auf deiner Facebookseite, gib uns ein GEFÄLLT MIR und hinterlasse uns einen Kommentar. Wenn du Fragen zum Training oder dem Tagesablauf im Shaolin Tempel in China hast, schreib uns auf unserer Facebookseite oder hier in einem Kommentar!

 

Bis zum nächsten mal,
Dein Team der Tai Chi Akademie Kaiserslautern.

Jaap und Jörg im Zentrum von Himmel und Erde

Montag ist Blogtag,

 

Herzlich Willkommen zu unserem neuen Blogeintrag. Heute hat unser Jörg Roth wieder einen Tagesbericht aus China für dich. Im Juni war er zusammen mit unserem Schüler Jaap Sanders, 2,5 Wochen im Shaolin Tempel / Henan / China. Den beiden liegt neben der Kampfkunst, auch die chinesische Kultur am Herzen. Zusätzlich zu der buddhistischen Tradition des Shaolintempels, wollten sie auch die Welt des Daoismus erfahren und verbrachten einen Tag im Zhongzhou Yue Miao, dem Zentrum von Himmel und Erde in der Stadt Dengfeng.
Was sie erlebt haben, erfährst du in den folgenden Zeilen.

 

Hallo, hier ist mal wieder Jörg Roth.

 

Der Morgen in Shaolin begann wie meist gegen 6.30 Uhr mit Müsli, Früchten, Eiern und einem löslichen Kaffe auf unserem Zimmer.
Gegen 8 Uhr machten Jaap und ich uns auf den Weg zur Trainingshalle im Shaolin Tempel. Nach 2 Runden laufen durch den Tempel, folgte wie jeden Tag das Dehnen an den Felsen hinter der Dharmahalle.
Kurz vor 9 Uhr kam unser Meister Shi Yan Zhao und sagte uns, dass wir heute nicht im Tempel trainieren, sondern ganz traditionell zur Bodhidharmastatue laufen würden. Mit laufen meinte er natürlich rennen.

 

Bei ca 34 °C ist das wirklich keine Freude. Ich muss ganz ehrlich sein, ich musste drei kleine Pausen einlegen um oben anzukommen. Einer dieser Zwischenstops beinhaltete einige Niederwerfungen an der Bodhidharma-Höhle. Auf dem Gipfel des Berges, neben der weißen Statue des ersten Patriarchen, musste ich mir noch einmal 5 Minuten Ruhe gönnen. Nach drei Niederwerfungen vor Bodhidharma mit einem Räucherstäbchen in der Hand, machte ich mich auf den Rückweg. Das Räucherstäbchen ist ein Beweis dafür, dass der Schüler den Weg wirklich komplett gelaufen ist. Der Rückweg verging, im wahrsten Sinne des Wortes, wie im Fluge. Die Treppen sind so steil, dass es anstrengender ist zu bremsen, als einfach nur durchzurennen. Ab und zu muss man aufpassen, dass man bei einem Sprung über die nächsten fünf Treppen oder im vollen Rennen, keinen verträumten Touristen niederstreckt. Nach ca. 50 Minuten war der erste „Dharmarun“ dieses Aufenthaltes für mich beendet.

 

Die Treppen zu Bodhidharma sind schon als Wanderung nicht zu unterschätzen

Die Treppen zu Bodhidharma sind schon als Wanderung nicht zu unterschätzen

Unser Meister erwartete Jaap und mich an der Pforte des Nonnenkonvents, in der Nähe des Shaolinhaupttempels. Dort warteten auch unsere Waffen auf uns. So verbrachten wir die restliche Stunde mit dem Training an Speer und Pu Dao ( kleine Hellebarde )
Nach dem Mittagessen, hatten wir an diesem Tag trainingsfrei. Nach den Strapazen des Morgens war ich um diesen Umstand auch von ganzem Herzen dankbar.
Trotzdem hatten wir uns etwas für den Nachmittag vorgenommen und so fanden wir uns gegen 14 Uhr in einem Taxi nach Deng Feng wieder. Unser Ziel war dieses Mal aber nicht die Innenstadt, sonder der größte taoistische Tempel der Provinz Henan. Den ZHONG YUE MIAO (Tempel des Mittleren Gebirges).

 

Die Pforte des Zhong Yue Miao

Die Pforte des Zhong Yue Miao

 

Schon am Tor der Anlage waren wir von der Schönheit der Architektur beeindruckt, jedoch sollte dieser erste Blick nur eine Vorbereitung auf den schönsten Tempel sein, den ich in meinem Leben jemals betreten habe. Über zwei von Bäumen gesäumte kleine Alleen und ein weiteres Tor betraten wir den ersten bebauten Hof der Anlage, der in einer Art Empfangshalle mündete.

 

Dort trafen wir auf die ersten taoistischen Meister. Einer von ihnen kam sofort lachend auf uns zu und bot uns Kuchen an. Etwas perplex aber dennoch froh über diese Begrüßung stellten wir uns mit meinen grundlegenden Chinesischkenntnissen und der internationalen Sprache von Händen und Füßen vor. Er wollte alles wissen. Wo wir herkommen. Wo wir wohnen. Wie alt wir sind. Ob wir Kung fu trainieren, usw. Nachdem die Haltung des Meisters immer herzlicher wurde und er uns schließlich anbot, uns durch den Tempel zu führen, fragte ich ihn nach einem Foto. Er sagte sofort ja, bestand aber darauf, auch eines mit mir haben zu dürfen. So schickte er einen seiner Schüler los um sein Handy zu holen und wir machten einige Fotos.

 

Der freundliche taoistischer Meister zusammen mit Jörg Roth

Der freundliche taoistischer Meister zusammen mit Jörg Roth

Anschließend begann die Führung durch den Komplex. Als erstes zeigte er uns den ältesten Baum im Tempel, der als Heiligtum gilt – ein wirklich erstaunlicher, von der Zeit gezeichneter Stamm, der eine mächtige grüne Nadelkrohne trägt, die mit roten Bändern übersät ist. Leider konnte ich nicht alles verstehen, was unser freundlicher Begleiter darüber erzählte. Dieser Umstand ärgerte mich ein wenig und ich schwor mir, meine Sprachkenntnisse bis zu meiner nächsten Reise in das Land der Mitte zu vertiefen. Im nächsten Hof stand eine große gelbe Kürbisflasche, die, soviel ich weiß, auf einen der acht Unsterblichen der taoistisischen Lehre zurückgeht. Die Flasche des Li Tieguai, soll magische und heilende Substanzen beinhalten. Wer daraus trinkt, erhalte ewiges Leben.
Die Flasche stand im Zentrum des Hofes und von ihr aus ging es in den Himmelsrichtungen zu vier wunderschönen Hallen. Jede dieser Hallen scheint einer Himmelsrichtung gewidmet zu sein.
An Ihren Innenwänden befanden sich Fresken aus den Epochen der Menschheit. So waren zum Beispiel in der ersten Halle Bilder und Szenarien aus dem Leben der Höhlenmenschen und in der nächsten das Aufblühen der Zivilisation in China zu sehen.

 

Die Nördliche Halle des Zhong Yue Miao

Die Nördliche Halle des Zhong Yue Miao

 

Die Decken der Hallen waren kunstvoll verziert und in der Mitte stand immer ein Schrein mit Heiligen und Geisterwesen. Über dem Schrein befand sich immer ein Tier, welches aus der Decke auf den Schrein hinab blickte. Einmal ein Drache, dann ein Phönix.
Leider konnte ich nicht alle Hallen in diesem Hof anschauen, da unser Guide stolz den nächsten Hof präsentieren wollte.
Auf unserem Weg trafen wir immer wieder auf Priester und Nonnen die uns freundlich grüßten, Tee anboten oder wissen wollten, wie uns der Tempel gefällt.
Alles in allem muss ich sagen, so freundlich und herzlich wurde ich noch nie in einem buddhistischen Tempel aufgenommen. Des weiteren, ist mir aufgefallen, dass Taoisten anscheinend viel mehr lachen als Buddhisten. Ich hatte nicht einmal das Gefühl, dass wir unerwünscht wären. Es war einfach nur schön, diese Herzlichkeit erleben zu dürfen und man fühlte sich sofort heimisch wohl.

 

die Haupthalle des Tempels in Dengfeng

die Haupthalle des Tempels in Dengfeng

Im nächsten Hof des Tempels stand die große Himmelshalle. Ein mächtiges Gebäude mit einer imposanten Treppe, die von wirklich großen Räucheröfen flankiert wurde. Dort verließ uns der freundliche Meister, da er von einem Kollegen gerufen wurde. Auf einer Erhöhung im Zentrum des Platzes vor der Halle war ein kleines Loch im Boden, in dem eine Art Kristallkugel eingelassen war. Eine sehr nette Nonne versuchte uns zu erzählen, was es damit auf sich hatte. Soviel wir es verstanden haben, handelt es sich um das sogenannte ZENTRUM VON HIMMEL UND ERDE. An einem der Festtage im Tempel scheint die Sonne direkt in das Loch und erleuchtet die Kugel. Wenn man sich darüber stellt, hat man in diesem Moment keinen Schatten und steht somit im Zentrum zwischen Himmel und Erde. Nach dieser Einweisung gingen wir hinauf zur Halle.

 

so unscheinbar ist das Zentrum von Himmel und Erde

so unscheinbar ist das Zentrum von Himmel und Erde

 

Dort konnte man einen taoistischen Segen bekommen. Für 150 Yuan (ca. 20 Euro), die dem Tempel zugute kommen, bekam man einen Zylinder mit Holzstäbchen vorgehalten. Nachdem die Stäbchen durch im Kreis schwenken gemischt wurden, durfte man eines ziehen. Dieses Zufallssystem entscheidet über den Segenstext den man ausgehändigt bekommt. Ich fand dieses kleine Ritual sehr schön und nahm die Chance dazu gerne an. Anschließend setzen wir uns in eine Ecke des Platzes und genossen einfach den Moment. In diesem Moment wurde mir erst mal klar, dass hier im Tempel außer uns gerade mal rund 20 Besucher waren. In Shaolin, sind es an einem sonnigen Nachmittag ca 2000. Wirklich schade, dass dieser wundervolle Ort anscheinend so wenig Aufmerksamkeit bekommt. Aber wahrscheinlich sind die Bewohner gar nicht so böse darum. Wir fanden die Stille heilsam und äußerst angenehm.
Gerade als wir gehen wollten, begann ein Priester auf dem Platz vor der großen Halle mit seinen Tai Chi Übungen. Es war sehr beeindruckend. Die Bewegungen waren runder und kreisender als ich sie jemals gesehen hatte. Auch seine Schritte formten Kreise und Wirbeln.
 

Das Tor zum Haupthof

Das Tor zum Haupthof

 

Dann wurde es aber wirklich Zeit zu gehen, da der Tempel allmählich geschlossen wurde. Wir hatten ein paar wundervolle Stunden im Zhong Yue Miao verbracht, sehr nette Menschen kennengelernt und sogar ein wenig taoistisches Tai Chi gesehen.
Mit einem Taxi ließen wir uns zurück zu unserer Unterkunft in Shaolin bringen und beendeten den Abend mit einem wohlschmeckenden Essen.

 

Alles Gute
Jörg Roth

 

Wie hat dir der Bericht gefallen? Warst du schon mal in einem Tempel, einer exotischen Geisteshaltung? Was hast du dort erlebt? Über welche Berichte aus China würdest du dich freuen?
Lass es uns wissen.

 
Bis zum nächsten Mal.
Dein Team der Tai Chi Akademie

Die Reise nach Shaolin. Teil 1

Hallo, schön das du wieder ein bisschen Zeit hast Unseren Blog zu Lesen.
In den letzten Einträgen, haben wir angedeutet, dass zwei unserer Mitglieder sich auf den weiten Weg, nach China, gemacht haben. Dort trainierten sie 2,5 Wochen in der Wiege des chinesischen Kung Fu, dem Shaolin Muttertempel in der Provinz Henan.
Jörg unser Spezialist für Shaolinkultur in der Tai Chi Akademie besuchte den Tempel zum zweiten Mal innerhalb von 2 Jahren und hatte im Verein dazu aufgerufen, ihn zu begleiten. Dem Ruf gefolgt war unser Mitglied Jaap Sanders. Jörg hat sich die Mühe gemacht, ein kleines Reisetagebuch zu führen und möchte dich nun zum ersten seiner Einträge einladen.

27.05.2015, Eintrag von Jörg Roth
Es beginnt …

Die Buddhahalle des Shaolinklosters nachdem der Touristenstrom versiegt ist.

Die Buddhahalle des Shaolinklosters nachdem der Touristenstrom versiegt ist.

Ich habe grauenvoll geschlafen. Die Unterkunft im Shaolin Deciples Home ist karger als bei meinem letzten Besuch. Am schwersten für meine Nachtruhe war die Reismatte, die hier überall als Matratze dient. Ich habe noch nie auf so etwas hartem geschlafen. Naja, bin eben ein verweichlichter Europäer.
Als der Wecker um 6 Uhr klingelt freue ich mich auf ein Frühstück, wie bei meinem letzten Besuch, mit Teigknödeln und gebratenem Gemüse. Doch auch hier Fehlanzeige. Im Frühstücksraum steht eine Schachtel mit süßen Fertigkaffeestückchen und daneben eine Schale mit gekochten Eiern.
Puh, in diesem Moment kann ich die Haltung nur schwer bewahren. Miese Kombination: 4 Stunden Schlaf, Rückenschmerzen und Hunger. Ich hoffe, dass der Tag positives bringt. Meine Laune ist gerade etwas auf dem Tiefpunkt.
Aber was solls, ich werde eben mal wieder in der Fähigkeit des, mit dem Gegebenen auskommen und die Gegebenheiten ohne zu bewerten als solche anzunehmen, unterrichtet.
Ganz in diesem Geiste mache ich mich auf ins und besorge ein bisschen Fladenbrot.
Dann heißt es Aufbruch zum ersten Training.

Im Tempel werden Jaap und ich erst mal unserem Meister vorgestellt. Da es mal wieder, wie auch das letzte Mal, im Tempel an Waffen mangelt, bittet uns dieser unsere Trainingswaffen, mittags in Dengfeng zu kaufen und heute Morgen nur Basics zu üben. Macht in meinen Augen auch ziemlich Sinn, das erste Training mit Basics zu verbringen. Er kann bei diesen Übungen unsere Vorkenntnisse und Fähigkeiten sehen, bevor wir eventuell mit einer Form beginnen, die zu schwer für uns ist. Die Übungen sind mal wieder der übliche Standard, stellenweise etwas anders zusammengestellt. Also kein Problem. Jaap scheint sehr erleichtert, dass er nicht der einzige mit weniger Erfahrung in der Gruppe ist, ein Mädchen aus Indien und ein Schüler aus Rumänien, sind auf ähnlichem Stand wie er, wobei ich sagen muss, dass unser Jaap eine ganze Schippe mehr Begabung und Willen mit in die Wagschale wirft.
Dann ist es auch schon 11 Uhr und das erste Training ist beendet.
Also zurück zur Unterkunft wo das Essen schon sehr bald fertig ist. Gestärkt gehen wir dann gemeinsam mit zwei unserer Mitschüler nach Dengfeng zum einkaufen. Ich liebe es diese Kung Fu Läden auf den Kopf zu stellen, habe mir aber angewöhnt, strikt nach meiner Einkaufsliste zu shoppen. Die günstigen Preise versetzen einen einfach zu schnell in eine Art Kaufrausch.
Dann auf dem Weg zum Supermarkt stoßen wir auf eine der Schattenseiten der chinesischen Mentalität. In einem kleinen Käfig an der Straße kauern 6 Hundewelpen, dicht an dicht bei 30 Grad ohne einen Tropfen Wasser. Die kleinen sind völlig am Ende ein weiterer Hund kläfft in einem Käfig nebenan auch ohne Wasser, aber zumindest mit einer leeren Schüssel vor seinen Pfoten. Wir geben unsere Wassevorräte an die armen Geschöpfe ab, als ich einfach den Käfig der Kleinen öffne und den Welpen eine große Schüssel Wasser reinstelle, kommt eine ältere Frau angelaufen und keift uns an. Erst als die kleinen meine 2. Flasche Wasser getrunken haben und dankbar aufschauen reagiere ich auf die Frau. Ich stehe einfach nur auf, schaue sie etwas zornig an, halte ihr meine Malakette vors Gesicht und entgegne ihr einen buddhistische Gruß. Sie scheint dies sehr gut zu verstehen und ist still.
Für uns geht es nun in den lauten Supermarkt.

Wir waren Trainingswaffen einkaufen. Jörg: Pudao / kurze Hellebarde - Jaap: Jiang / Speer

Wir waren Trainingswaffen einkaufen. Jörg: Pudao / kurze Hellebarde – Jaap: Jiang / Speer

Gegen 17 Uhr sind wir wieder am Tempel und machen uns an den Aufstieg zum Kung fu Dorf, Wanzigou, auf dem Hügel. Bepackt wie wir sind, ist der Hügel ein ernster Gegner, aber da er auch der Weg zur nächsten Mahlzeit ist, überwinden wir ihn gut gelaunt.
Nach dem Essen gehen Jaap und ich alleine zurück zum Tempel, unseren Verantwortlichen, Herrn Wang finden wir nicht, dafür genießen wir unseren ersten Abend im Shaolintempel. Wir machen einige Fotos, erleben wie die Menschen die Mauern verlassen und Vögel und Katzen die Gebäude und Höfe übernehmen.

Die friedliche Stille ist beeindruckend. Nach Ca 2 Stunden, machen wir uns auf den Weg zum Pagodenwald, den wir in der Dämmerung erreichen. Ich zeige Jaap die Pagoden der verstorbenen Äbte von Shaolin und bin geschockt. Vor 2 Jahren noch waren alle Pagoden in Takt, nun sind unfassbar viele mit Holzstangen abgestützt und vom Einsturz bedroht.
Sehr schade. Für unseren Profi Jaap sieht alles nach einem leichten Erdbeben oder einer Setzung des Bodens aufgrund einer Absenkung des Grundwasserspiegels aus.
Es ist schon dunkel als wir zum Dorf zurückkehren und uns ein Feierabendbierchen genehmigen. In solchen Momenten bin ich wirklich froh, dass ich kein Mönch bin. Als wir gerade gehen wollen sehe ich endlich ein vertrautes Gesicht. Einer meiner Meister vom letzten Aufenthalt kommt strahlend auf mich zu und umarmt mich kräftig, ich bin unglaublich glücklich, aber auch ein bisschen beschämt, da mein chinesisch trotz Unterricht und vielem üben nicht ganz ausreicht. Dennoch schaffen wir es uns für morgen im Tempel zu verabreden, wo ich auch andere meiner Freunde vom letzten Mal treffen soll. Happy gehen Jaap und ich zurück und trainieren noch eine Stunde im Hof des Deciples home. Um 22.30 Uhr falle ich müde auf meine Reismatte.

So, wir hoffen dir hat der erste Tagebucheintrag gefallen. Jörg wird immer mal wieder einen seiner Einträge in unserem Blig veröffentlichen. Sollten beim Lesen Fragen aufgekommen sein, oder interessiert dich ein bestimmtes Thema, rund um die Reise und den Shaolintempel / Henan in China, so schreib uns einfach einen kleinen Kommentar.
Wie immer freuen wir uns sehr, wenn ihr unseren Eintrag im sozialen Netz teilt und ein „Gefällt mir“
hinterlasst.

Vielen Dank fürs vorbeischauen.
Alles Gute

Das Team der Tai Chi Akademie Kaiserslautern

Ein Kampf um Gedanken und Wege

Hallo und herzlich Willkommen zu unserem neuen Blogeintrag.

Heute stammt er mal wieder aus der Feder unserer Katrin. Das Leben in China hat sie wirklich bereichert. Immer wieder erzählt sie uns unglaublich spannende Dinge über das Training mit Ihrem Meister am anderen Ende der Welt. Was sie uns dieses Mal in Ihrem Text erzählt, ist eine ganz andere Ansicht zur Kampfkunst. Wir möchten gar nicht lange um den heissen Brei reden, sondern dich nun mit Ihren Zeilen alleine lassen, in der Hoffnung, dass deine Meinung dazu uns als Kommentar erreicht. Viel Freude beim Lesen …

Wenn wir nur kämpfen lernen möchte, warum versuchen wir die Ruhe zu finden?

Wenn wir nur kämpfen lernen möchte, warum versuchen wir die Ruhe zu finden?

Ein Kampf um Gedanken und Wege, von Katrin Kowalski

Heute möchte ich über etwas schreiben, was mir persönlich sehr am Herzen liegt und was mir seit einiger Zeit nicht mehr aus dem Kopf geht. Es zielt nicht darauf ab, zu informieren, sondern viel mehr, eine Antwort zu finden, eine Diskussion zu entfachen, oder schlicht, die Frage zu erläutern, sodass sie keiner Antwort mehr bedarf.
Meine Frage ist leicht in Worte gefasst: schon seit geraumer Zeit, gefestigt aber durch mein Leben in China, kämpfe ich mit dem Gedanken, warum ich mehrmals wöchentlich ins Training gehe, um das Kämpfen zu lernen. Warum? Bin ich doch zum einen ein aus tiefstem Inneren friedvoller Mensch und zum anderen jemand, dem das Leben wertvoll ist. Kurz, ich bin ein Bewahrer, kein Zerstörer. warum also – und seien es auch nur Verteidigungstechniken – finde ich mich Woche für Woche mit Menschen zusammen und lasse mir beibringen, wie sich mein Körper zu bewegen hat mit dem Ziel zwar mich zu schützen, dennoch andere zu verletzen.

 

Können wir uns nur durch unsere Haltung wie ein Zweig im Wind von Aggressionen abwenden?

Können wir uns nur durch unsere Haltung wie ein Zweig im Wind von Aggressionen abwenden?

Ja, ich kann mir die Antwort selbst geben. Weil mein Körper Bewegungsabläufe verinnerlichen muss, damit er im Ernstfall reagiert, außerdem, um meine Beweglichkeit und Reaktionszeit zu steigern und natürlich der Fitness und eigenen Körperkontrolle wegen. Okay, das verstehe ich alles und dem stimme ich ja auch zu, aber warum sollte ich es überhaupt soweit kommen lassen? Warum lerne und übe ich nicht lieber, wie ich es schaffe, unangreifbar zu werden? Und ich meine nicht nach dem Motto: einen Krieg zu entscheiden, bevor er ausgebrochen ist, da gibt es eine ganze Menge unschuldige Opfer, schon klar. Aber warum nicht das Szenario, dass jemand angreifen will und zwei bis drei Meter vor seiner erwählten Beute plötzlich sprichwörtlich gegen eine Wand rennt? Und je mehr er es versucht, desto mehr wird er staunen und nicht verstehen. Und desto wütender wird er werden und umso mehr wird er es versuchen und scheitern. So lange, bis er sich so erschöpft hat, dass er einige Zeit keine Aggression mehr in sich trägt. Wäre das denn keine schöne Lösung? Ohne Verletzung, ohne Schmerz, ohne Polizei, die einen dann möglicherweise noch beschuldigt zu viel getan zu haben? Es muss ja gar nicht bei der Wand bleiben, es gibt unendliche Möglichkeiten, von Hitze, Kälte über physische Dinge bis hin zu Emotionen, und falls man doch einmal zu unkonzentriert oder müde ist, kann man sich ja immer noch auf seine körperliche Reaktion verlassen. Versteht mich nicht falsch, ich bin nicht gegen das Trainieren von Abwehrtechniken, keineswegs. Ich sehe nur einen anderen Weg, einen effektiven Weg… und einen verdammt beeindruckenden Weg noch dazu, wenn ich mir überlege, was ich meinen Meister in China alles mit seiner inneren Energie und Willenskraft habe erreichen und verändern sehen. Und ich kann euch nur eines mit hundert prozentiger Gewissheit dazu sagen: ich habe Unglaubliches gesehen und für mich auch – zwar weit weniger Unglaubliches, aber dennoch – Unglaubliches erreicht. Es verhält sich ganz so, wie ein anderer weiser Mensch einmal sagte: „Die Gedanken schaffen das, was wir Wirklichkeit nennen“

Kann die Kampfkunst unseren eigenen Geist zu einer Zuflucht formen, wie der Shaolin-Tempel eine Zuflucht für viele Lebewesen ist?

Kann die Kampfkunst unseren eigenen Geist zu einer Zuflucht formen, wie der Shaolin-Tempel eine Zuflucht für viele Lebewesen ist?

Da das Thema nicht ganz etwas mit Kampfkunst zu tun hat und ich nicht weiß, ob euch dieser Weg auch interessiert, werde ich es erst einmal hierbei belassen. Ich, aber, werde diesem Weg etwas weiter folgen, schlicht und ergreifend, weil ich dank meiner unbändigen Neugierde sowieso nichts anderes tun kann, selbst wenn ich es wollte. Aber mich interessieren auch eure Gedanken und Antworten auf meine Frage brennend, also bleiben mir nur noch zwei Dinge zu sagen: die rege Diskussion möge hiermit eröffnet sein! (Ding Nummer eins) Gefolgt von: Viel Spaß dabei!
In diesem Sinne,
deine Katrin Kowalski

So nun würde es uns wirklich wundern, wenn dieser Text nichts in dir hervorgerufen hätte. Wie ist deine Meinung dazu? Welche Gedanken haben dich bewegt? Bist du offen für solche Fragen oder verschliesst du dich den Dingen die nicht wissenschaftlich ergründet werden können?
Lass es uns wissen und teile den Beitrag mit deinen Freunden.
Wir danken Katrin für ihre Mühe und den Einsatz für unseren Verein.
Bei dir, unserem geschätzten Leser, möchten wir für die Aufmerksamkeit und deine Meinung bedanken.
Bis zum nächsten Mal

Das Team der Tai Chi Akademie Kaiserslautern

Ein wichtiger Schritt für unseren Trainer, Jörg Roth

Jörg Roth im Shaolintempel in China 2013

Jörg Roth im Shaolintempel in China 2013

Herzlich Willkommen zu unserem neuen Blogeintrag

im heutigen Text erzählt dir unser Trainer, Jörg Roth, von einem für Ihn sehr wichtigen Schritt in seiner buddhistischen Ausbildung.
Innerhalb der nächsten Wochen werden wir beginnen in unserem Verein einen Meditations- und Übungskreis für alle interessierten Mitglieder unserer Akademie einzurichten. Dieser Meditationskreis wird von Jörg Roth geleitet. Da nicht alle unsere Mitglieder an der buddhistischen Seite des Shaolin Kung Fu interessiert sind, möchten wir den Schülern, die mehr über alle Aspekte dieser Kultur lernen möchten, einen Rahmen bieten dies außerhalb des normalen Kung Fu Trainings zu verwirklichen. Jörg wird am 25. Mai gemeinsam mit unserem Schüler Jaap, für 3 Wochen in den Shaolintempel in China reisen. Dort werden sie während des kompletten Zeitraums an dem Kung Fu- und Qi Gong Training der Mönche sowie an deren täglicher buddhistischer Praxis teilzunehmen. Als Chan-Schüler von Xuefeng Shi Yan Cheng, kann sich Jörg Roth im kompletten Shaolin Kloster frei bewegen und an allen Zeremonien der Mönche teilnehmen. Wie er zum offiziellen Schüler wurde wird er dir nun schildern.

Mein nächster Schritt

Am Abend des 13. Februar 2015 fuhr ich in das weit entfernte Berlin/Frohnau, um Meister Yan Cheng zu besuchen. Mein Mentor hatte mich eingeladen um im Rahmen eines Exerzitiums meine vierfache Zuflucht zu nehmen. Ich war sehr aufgeregt und versuchte die komplette Fahrt über, den Satz in meinen Kopf zu bekommen, den ich für die Zeremonie brauchen würde.
„Wenn es Euch nicht missfällt, bitte ich Euch, mein Freund und Lehrer zu sein, denn ich weiß nichts von dem, in welchem Ihr Meister seid.“

Gegen 17.30 Uhr kam ich endlich am Seminarhaus in Frohnau an und die Aufregung stieg noch weiter. Nach einer herzliche Begrüßung durch Shi Yan Cheng wurde eine heiße Suppe ausgeschenkt. Das tat sehr wohl und sorgte dafür, dass endlich auch meine ruhelosen Gedanken in Frohnau ankamen.

 

Nach dem Essen war es an der Zeit, die Straßenkleidung abzulegen und die braune Leinenrobe anzuziehen. Wieder stieg die Aufregung in mir, schließlich sollte heute Abend ein großer Schritt auf meinem Weg als buddhistischer Schüler erfolgen. Alsbald sammelten sich alle Seminarteilnehmer vor der Eingangspforte des Übungsraumes. Shi Fu Yan Cheng entrollte eine Schriftrolle und hängte sie an den Türpfosten. Auf dem Wandbild war in chinesischer Kalligraphie „Xuan Fo Chang“ (Buddha Auswahlort) zu lesen. Die Tür war ab diesem Moment nicht mehr nur eine Tür sondern eine Barriere für unsere Sorgen und das tägliche Treiben unserer Welt. Um diese Barriere zu durchschreiten, wurde uns eine Aufgabe gegeben, die aus einer überlieferten Changeschichte stammt. Dort durchschritten die chanbuddhistischen Schüler die Pforte der Höhle von Maitreya, einer sagenumwobenen Höhle aus der Mythenwelt des alten China. Um diese Barriere hinter sich zu lassen, mussten sie in einer tiefen Verbeugung und mit einem kraftvollen Chi-Laut auf den Lippen durch den Eingang schreiten. Wir taten es Ihnen gleich und so betraten alle Schüler, nach und nach den Ort der Praxis. Mit diesem Ritual begann das Exerzitium.

 

Nach der Abendzeremonie und einer längeren Meditation war es an der Zeit für den gemeinsamen Tee und meine Zufluchtnahme zu Meister Yan Cheng. Die vierfache Zuflucht ist das Annehmen der 3 Juwelen der buddhistischen Lehre und darüber hinaus die rituelle Annahme des Schülers durch seinen Meister. Erst mit der 4-fachen Zuflucht ist der Schüler Teil der Familie des Meisters.

 

Die Schriftrolle am Eingang des Übungsraumes "Xuan Fo Chang" (Buddha Auswahlort)

Die Schriftrolle am Eingang des Übungsraumes „Xuan Fo Chang“ (Buddha Auswahlort)

Als der Tee gereicht wurde, nahm ich die Schale des Meisters an mich und lies mir das heiße Wasser reichen. Als einen Teil meines Geschenkes an meinen zukünftigen Lehrer, hatte ich einen Teesieb in der Form von Buddhas Hand und einen sehr hochwertigen Yasmintee besorgt. Diesen goss ich in der Schale des Meisters auf, lies das Teesieb eine halbe Minute im Wasser verweilen und entnahm dann den Tee. Nun kniete ich mich neben Meister Yan Cheng und hielt ihm die gefüllte Teeschale mit beiden Händen entgegen.

 

Dann begann ich mit der Bitte um Zuflucht.

„Wenn es Euch nicht missfällt, bitte ich Euch, mein Freund und Lehrer zu sein, denn ich weiß nichts von dem, in welchem Ihr Meister seid.“

 

Auf diese erste Frage gab es keinerlei Reaktion, Shifu Yan Cheng saß aufrecht und regungslos. Ich wiederholte meine Bitte und erneut blieb jedliche Reaktion aus. Ich spürte wie ich selbst und auf die anderen Teilnehmer unruhig wurden. Besonders die Anspannung von meinem Freund Heng Yu war förmlich zu spüren. Erneut hob ich die Teeschale zu Meister Yan Cheng und wiederholte die Bitte:

„Wenn es Euch nicht missfällt, bitte ich Euch, mein Freund und Lehrer zu sein, denn ich weiß nichts von dem, in welchem Ihr Meister seid.“

 

Langsam hob der Shifu den Blick, schenkte mir ein leichtes Lächeln, nahm die Schale und Trank. Dieser Moment war etwas ganz besonderes. Ich fühlte mich erleichtert und wohl. Die Anwesenden atmete hörbar durch und die Anspannung wich aus dem Raum. Meister Yan Cheng bedankte sich für den vorzüglichen Tee und ich nahm die Gelegenheit war, ihm nun auch den Rest meines Geschenkes zu überreichen. Eine kleine aber sehr schön klingende Klangschale. Shifu Yan Cheng bedankte sich dafür und ich mich bei Ihm für sein Vertrauen und seine Geduld.

 

Es war getan, ich hatte meine 4 fache Zuflucht, also zum Buddha, zum Dharma, zum Sangha und zu Meister Yan Cheng genommen. Ich möchte meinen Freunden und Mitschülern für das Mitfiebern bei der Zeremonie, Meister Yan Cheng für das Annehmen meiner Bitte und Dir für Dein Interesse an meiner Schilderung danken.

 

Meister Shi Yan Cheng und sein Schüler Heng Qian Zhi

Meister Shi Yan Cheng und sein Schüler Heng Qian Zhi

Mit der Zuflucht erhielt ich einen Namenszusatz, der die Zugehörigkeit zur buddhistische Linie, der Dao Jun Familie von Meister Yan Cheng, ersichtliche macht. Mein voller buddhistischer Schülername ist nun Heng Qian Zhi.

 

Ich wünsche allen Lesern viel Freude, Achtsamkeit und alles Gute
Jörg Roth

 

Über die gemeinsame Reise unserer beiden Abenteurer und die genaue Aufstellung des geplanten Meditationkreises werden wir in kommenden Blogeinträgen berichten.
Gerne stehen wir wie immer zur Verfügung, um deine Fragen zu dem Thema zu beantworten und freuen uns über das Teilen des Textes. Gerne kannst du uns auch einen Kommentar hinterlassen.
Wir wünschen dir alles Gute und sagen bis zum nächsten Mal.

 

Das Team des Tai Chi Akademie e.V. Kaiserslautern

Der lange Weg zum Meistergrad

Hallo und Willkommen zu unserem neuen Blogeintrag.
Wie ist es wohl für einen Kampfkünstler, nach langen Jahren Training, endlich seine eigene Meisterernennung zu erleben. Bei uns in der Akademie haben diesen Weg nun zwei Mitglieder beschritten. Wir haben sie gebeten, uns ihre ganz eigenen Gedanken dazu zu schildern. Also lassen wir sie nun selbst zu Wort kommen: Weiterlesen

Shanghai, Erlebnisse am anderen Ende der Welt

Ein herzliches Hallo,
in unserem heutigen Blog, möchte dir unsere Schülerin „Katrin Kowalski“ ihre Erlebnisse im fernen Shanghai schildern. Weiterlesen